"Wenn einer eine Reise tut..."


Als ich mich am Morgen (oder eher in der Nacht?) des ersten Punktspieles der neuen Saison aus dem Bett gequält habe, hatte sicherlich noch keiner von uns auch nur annähernd eine Ahnung von dem, was da auf uns zukommen würde, bei dieser ersten Auswärtsfahrt nach so unendlich langer Zeit!

Zu den Klängen von "Schwarz Zu Blau" verließ ich kurz vor halb vier das Haus und begab mich Richtung Bahnhof, wo ich kurz darauf auf Joerk traf. Unsere Planung für diesen Tag sah vor, einen Umweg über die Landeshauptstadt zu nehmen, um dem Schicksal einer dreieinhalbstündigen Reise im kleinen Kreise entgehen zu können - eine Abfahrt zu nachtschlafener Stunde war also unumgänglich.

Nachdem die Fahrt mit Zwischenstopp in MD bis Wittenberge überwiegend ereignisarm verlief, sollte sich das kurz darauf auf ziemlich unangenehme Weise ändern: gegen halb zehn drang aus den Bordlautsprechern - zunächst etwas unverständlich - die frohe Kunde: auf Grund eines technischen Problems an der Lokomotive unseres Zuges würde sich die Weiterfahrt des Zuges verzögern. Nach einer gut dreißigminütigen Pause im beschaulichen Karstädt ging die Reise vorerst weiter. In Ludwigslust entschied die während der gesamten Reise angenehm entspannte Einsatzleitung der mitreisenden Ordnungskräfte, dass der Zug teilweise "geräumt" werden sollte. Sämtliche "normalen" Fahrgäste sollten in einen anderen Zug umsteigen und ihr Ziel so mit leichter Verspätung doch noch erreichen können. Der große Tross der blau-weißen hatte - bis auf vereinzelte Ausnahmen - den Zug von nun an also für sich; mittlerweile stand eine Verspätung von fast 60 Minuten zu Buche, da der Zug in Folge der Störung stets nur mit gedrosselter Geschwindigkeit weiterfahren konnte. Beim Halt in Schwerin Süd kam es dann zum ultimativen Albtraum für alle Anwesenden: Das Problem in der Lokomotive - eine Überhitzung - hatte sich in Folge der sommerlichen Temperaturen und der Überladung des Zuges weiter verschärft; es drohte ein Totalausfall und damit stand irgendwie auch der Besuch an der altehrwürdigen Lohmühle auf dem Spiel. Die Wartezeit bis zum ebenfalls überfüllten nächsten Zug überbrückte jeder auf seine, die Jungs und Mädels von Block U jedoch auf ihre unnachahmlich Weise: zum großen - teilweise fast an Entsetzen grenzenden - Erstaunen aller Umstehenden vertrieb man sich die Zeit mit sportlicher Ertüchtigung; von Liegestützen, Hockstrecksprüngen bis hin zum Dauerlauf wurde mitten in der mecklenburgischen Einöde alles unter immerwährenden Anfeuerungsrufen des Publikums geboten.

Der Rest der Anreise verlief dann wieder ruhig und geordnet. Überflüssig zu erwähnen, dass man es nach endlich erfolgter Ankunft am Lübecker Bahnhof sehr eilig hatte, zum Stadion zu kommen. Das zehn Minuten vor unserem Eintreffen am Stadion angepfiffene Spiel schwappte dann in der ersten Halbzeit ohne nennenswerte Torraumszenen hin und her. Es bleib die Hoffnung, dass der Trainer in der Pause durch ein paar deutliche Worte mehr dazu beitragen würde können, um wie im Vorjahr mit einem Sieg in die Spielzeit starten zu können. Zunächst schien es auch so, als würden sich diese Hoffnungen bewahrheiten, es kamen einige vielversprechende Chancen zu Stande. Erst in der 76. Minute jedoch gelang dem neuen Kapitän das erlösende 1:0. Neben Jubel haben sich nach übereinstimmenden Überlieferungen sogar einige Freuden-Tränen in die Gesichter der anwesenden Clubfans "verirrt". Der überaus spektakuläre Ausgleich aus der Kategorie "Tor des Monats" trübte die Freude jedoch kurz vor Abpfiff. Ob der FCM in Lübeck nun einen Punkt gewonnen, oder doch zwei verloren hat, wird sich vermutlich erst im letzten Saisondrittel herausstellen.

Das Klima und die nun deutlich weniger als ihre Kollegen am Vormittag entspannten Vertreter der Ordnungskräfte machten die Rückreise dann zunächst zu einer eher anstrengenden Erfahrung. Nachdem es in Wittenberge jedoch dazu kam, dass eine Vielzahl von Ordnungshütern wegen Überfüllung des Zuges auf dem Bahnsteig zurückbleiben mussten, war zumindest die unmenschliche Hitze für die meisten blau-weißen wieder etwas erträglicher - nicht zuletzt, weil uns so erspart blieb, uns vom Einsatzleiter weiter darüber aufklären zu lassen wie weit und vor allem warum wir "so weit unten" sind. Block U nutzte die Gelegenheit und funktionierte die Regionalbahn kurzer Hand zum Partyzug um: es wurde getanzt, gesungen und selbst der Umstand, dass die Bordtoilette nach einiger Zeit ihren Geist aufgab, vermochte niemandem mehr die Laune zu verderben.

Meine Reise endete schlussendlich einige Stunden später - es war mittlerweile deutlich ruhiger und auch Sonntag geworden - dann letztendlich dort, wo sie begonnen hatte: in meinem Bett. Müde, aber irgendwie doch glücklich fielen mir die Augen wieder zu.

Salvador

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